Der Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg

Autor: Frank

„Mama, wann fahren wir wieder in den großen Garten?“ hörte man oft - das war Ende der 60´er Jahre - in einer Wohnung in der St. Georgstraße in Hamburg. Ein kleiner, waschechter Hanseat nervte damit häufig seine Mutter.

Diese aber konnte nicht andauernd die Blumen auf dem Grab ihrer leider zu früh verstorbenen Schwester wechseln, hatten die alten Blumen ja kaum Zeit welk zu werden. Hinter den Worten „großen Garten“ verbarg sich der Ohlsdorfer Friedhof, zu dem ich als Kind immer wollte. Bei einem „Nein, heute fahren wir nicht“ hatte ich immer einen Ausweichplan.

Ich wollte dann kurz mal zur „Bombenkirche“, damit meinte ich damals die Ruine von St. Nikolai an der Ost-West-Strasse, die ich schon als Kind spannend fand und die ja nur einige Gehminuten von unserer Haustür lag. Damit hatte ich oft Erfolg, aber nichts ging über Ohlsdorf. Kleine Steine sammeln, Engel angucken, Enten füttern (mittlerweile verboten dort!) und viele Geschichten hören die Mama so erzählte, die ich aber oft noch nicht verstand.

Frank auf dem Ohlsdorfer Friedhof, Platz BK54 - 1969
40 Jahre später

So hatte ich gehört, dass wir dort auf Ohlsdorf „Tante Ursel“ besuchen, denn sie wohnt da jetzt in einem Kasten unter den Blumen. So geschah es einmal, dass ich, als meine Mutter mit einer Gießkanne Wasser holen war, anfing „Tante Ursel“ mit dem praktischen Klappgärtnerbesteck wieder auszubuddeln, was wiederum meine Mutter nicht so toll fand, so dass sie mit mir unterm Arm in raschen Schritten, peinlich gerührt und rot wie ne Hauptverkehrsampel, dem Ort entfloh. Wollte Tante Ursel ja nur „Guten Tag“ sagen und fragen, warum sie nie raus kommt, wenn wir da sind.

Irgendwann hab ich denn das mit dem Friedhof realisiert, warum die Menschen da in dem „großen Garten“ so oft traurig aussehen, nicht wie ich Enten füttern und die ganzen kleinen Kirchen (Kapellen) da stehen. Ich bekam damals Respekt vor dem Ort und einige Besucher, die sich zu laut verhielten, bekamen ein „pssst….die schlafen alle hier“ von mir zu hören.

Rückblickend kann ich sagen, dass ich durch meine Eltern das Interesse an der Hamburger Geschichte bekam. Wenn ich für Freunde und Bekannte von außerhalb historische Stadtführungen oder Elb-Touren mache, fällt mir auf wie oft ich das Wort „Größter“, „Die Meisten“ oder „Einzigartig“ in „Deutschland“, „Europa“ oder „Weltweit“ gebrauche.

In Hamburg zu leben heißt in Superlativen zu Leben, die einem im Alltag nicht mehr so recht bewusst werden - außer Friedhof Ohlsdorf -. Selbst gestandene Ur-Hanseaten finden kaum Worte der Beschreibung. Ich denke man muss dort gewesen sein, um die Worte „Schönheit“ und “Größe“, in Bezug auf den Friedhof zu verstehen.

Für uns als Paranormale Untersuchungs Gruppe dient dieser Ort nicht für die „Geisterjagd“, dieses verbietet alleine der ethische Gedanke, nein dort lernen wir bei jedem Besuch ein Stückchen mehr über Trauerkultur, Friedhofsarchitektur und plastische Umsetzung des Themas durch die Epochen, kurz die menschliche Seite des Todes, denn oft haben wir von Menschen Anfragen, die uns wegen „Spuk“ um Hilfe bitten, dabei aber auch in einem Trauerprozess stecken und dort die größere Hilfe brauchen.

Daher ist „Friedhof Ohlsdorf“ für uns ein Projekt geworden. Zu Spaziergängen laden wir ab und zu ein. Diese haben keinen „Veranstaltungs-Charakter“ und laden ungezwungen zum Gespräch über den Tod ein. Der Weg durch die Natur, vorbei an Gräbern und Skulpturen dient dabei als optischer, erholsamer Leitfaden in den 2 bis 3 Stunden des Zusammenseins.

Denjenigen unter ihnen, die Friedhof Ohlsdorf nicht selbst besuchen können, wollen wir hier kurz den „Weltgrößten Friedhofpark“ in Text und Bild vorstellen.

Die Friedhofsgeschichte

Hamburgs Totenstadt, aus der Not heraus geboren

Mitte des 19. Jahrhunderts konnten die Hamburger Kirchhöfe und Friedhöfe, die damals noch außerhalb der Stadttore am Dammtor (heute Bereiche in „Planten un Blomen“ und den „CCH–Hallen“) lagen, kaum noch Verstorbene aufnehmen. Es wurde dort schon „übereinander“ bestattet. Der Hamburger Konstituante und der Bürgerschaft war das Problem bekannt, waren aber bis in die 1865/1870 nicht in der Lage ein solches Projekt zu bestreiten. Hamburg erholte sich grade von dem großen Brand von 1842, bei dem etwas mehr als 1/4 der Stadt zerstört wurde. Um 1870, dank des schnellen Wachstums der Bevölkerung und ihrer Aktivität Hamburg wieder aufzubauen, war genug Geld im Topf um großes zu planen.

So wurde 1873 eine Senats- und Bürgerschafts-Commission ins Leben gerufen, die mit der Schaffung eines neuen, großen öffentlichen Friedhofs beauftragt wurde. Nach Sichtung mehrerer in Frage kommender Flächen entschloss sich die Commission schon 1875 zum Ankauf von 126 bzw 140 Hektar Acker und Brachland im Bereich Ohlsdorf, damals noch ein gutes Stück nördlich der Stadttore. Der günstige Preis und die Bodenbeschaffenheit sprachen für den Kauf. Die Arbeiten begannen zügig noch im selben Jahr. Anfänglich unter dem Förster Lepoldt, dann unter Willhelm Cordes, der erste Friedhofsverwalter und späterer Friedhofsdirektor.

Cordes gestaltete in seinen 38 Amtsjahren den Ohlsdorfer Friedhof nicht unmaßgeblich und erschuf einen „englischen Landschaftsgarten mit seinen der Natur nachgeformten Wegeführungen, Gewässerformen und Pflanzungen“. Sein tief humanistisches Anliegen: „Jeder Verstorbene soll im eigenen Grab in einem Paradiesgarten ruhen“, dabei aber auch „Erholungsraum für die Lebenden“ sein. Die Umsetzung wurde schon 1900, mit dem Erhalt eines Grand Prix auf der Pariser Weltausstellung, gebührend geehrt.

Im Juli 1877 fanden die ersten Bestattungen und die feierliche Eröffnung des Friedhofs statt. Später wurden weitere Flächen hinzugekauft und der Friedhof wuchs auf seine heutigen 404 Hektar an. 1919 übernahm Otto Linne das Amt des verstorbenen Cordes und setzte dem Friedhof nun seinen Stempel der Moderne auf. Sein gestalteter Teil zeichnet sich durch Gradlinigkeit in der Wegführung aus. Wenn man auf den Friedhof-Übersichtsplan schaut fällt sofort auf welcher der ältere Cordes- und welcher der neuere Linne Teil ist. Um 1930 war abzusehen, dass trotz großzügiger und vorrausschauender Planung die freien Grabflächen wohl nur noch 20 Jahre reichen würden. Im Osten der Stadt (Öjendorf) wurden vorsorglich Flächen angekauft. Durch die Kriegswirren und Protesten in den 50er Jahren wurde der Öjendorfer Friedhof 1963 dann eröffnet und entlastet somit den Ohlsdorfer Friedhof.

Der weltgrösste Parkfriedhof heute, eine Superlative in Zahlen

Würde man um den Friedhof herumlaufen wollen, wäre der Weg gut 11,5 Kilometer lang. Wenn man seinen Fuß durch das Eingangstor setzt, steht man auf 396 Hektar Friedhofsgrundstück. 80 Kilometer Wege, davon 17 Kilometer fahrbare Strasse, bringen den Besucher in die letzte Ecke des Friedhofs. Wer nicht mehr laufen kann hat Glück, denn zwei Buslinien verkehren auf dem Friedhof und bringen Besucher schnell von A nach B.

Für eine kleine Verschnaufpause suche man sich eine von 2800 Sitzbänken und genieße die ca. 36.000 Bäume. Die ca. 450 Baum- und Straucharten bieten nicht nur dem Auge, sondern auch 97 Vogelarten, Rehen, Füchsen, Eichhörnchen, Waschbären und Kaninchen und zu guter letzt über 200 Schmetterlingsarten eine wohltuende Umgebung.

Damit es so bleibt sollte man seinen Müll in einen von den 1500 aufgestellten Papierkörben werfen. 700 Schöpfbrunnen helfen mit, dass die Grabbepflanzung immer ausreichend nasse Füße hat. Seit der Eröffnung 1877 gab es ca. 1,7 Millionen Beisetzungen, nur übertroffen vom Wiener Zentralfriedhof. Die Anzahl der Grabstätten liegt bei (nur noch) 262.000. Die Bestattungszahl sind rückläufig, im Schnitt ca. 5000 im Jahr. 12 Kapellen und drei Feierhallen stehen für die Abschiedsfeiern zur Verfügung.

Sepulkralkultureller Spaziergang mit der PRG-HH - Ein Beispiel

Gräber, Skulpturen, Mausoleen und Natur - Ein Spaziergang

Was darf es sein?
Eine Themenwanderung?
Wie Ruhen unsere verstorbenen Prominenten?
Welche Bestattungsarten gibt es auf Ohlsdorf? Ein Besuch der Kriegsgräber?
Der Hamburger Bombenopfer?
Der Flut von 1962?
Welche Geschichte erzählen uns die ca. 800 Skulpturen und wer waren die Bildhauer?
Soll es lieber eine Naturwanderung sein? Zur Rhododendron- oder Rosenblüte? Vielleicht die 15 Teiche besuchen? .... oder ….. einfach loslaufen und entdecken?
Das Friedhofsmuseum besuchen?

Egal wie man Friedhof Ohlsdorf angeht, nehmen Sie sich Zeit für den Besuch, selten geht man „pünktlich“ nach Hause.

Wir möchten einfach anhand von Bildern von einem für uns typischen Spaziergang berichten, den wir mit Bekannten am 25.01.2009 durchführten und der uns in den Nord-West-Bereich führte. Das ist ein Stück des älteren, von W. Cordes, angelegten Friedhofbereiches. Der Bericht ist nur eine oberflächliche Darstellung und trotzdem länger als gewollt.

Startpunkt für uns war das neue Krematorium, übrigens das Erste, welches mit Gas betrieben wurde, in Deutschland. Es wurde 1932 nach Plänen von F. Schumacher erbaut. In dem imposanten Klinkerbau befindet sich auch eine große Feierhalle.

Wenn wir dem Gebäude den Rücken kehren sehen wir, ein paar Schritte vor uns, den Turm der Ascheurnen. Das 16 Meter hohe KZ-Opfer Ehrenmahl wurde entworfen von H. Ruscheweyh. In jeder der 105 Urnen, die in der Säule zu sehen sind, befinden sich Staub und Asche aus einem der 105 deutschen Konzentrationslagern und Haftanstalten. Weitere 29 Urnen aus 26 Lagern, außerhalb von Deutschland, sind unterhalb der Säule beigesetzt.

Wir gehen nun hinter das Mahnmahl, dort beginnt die „Nebenallee“. Dieser folgen wir und wollen sehen was uns am Wegesrand alles erwartet. Schon nach ca. 40 Metern biegt ein Weg nach rechts ab und wir verlassen kurz die Nebenallee. Wir stehen vor einem Denkmal A. Bock´s von 1920. Aufgestellt zu Ehren der verstorbenen Schiffsoffiziere, in den Internierungslagern Südamerikas, während des 1. Weltkriegs. Das Denkmal aus Muschelkalk zeigt wie „Die trauernde Mutter Erde einen toten Seemann umhüllt“.

Zurück auf der Nebenallee müssen wir gleich nach links gehen, in die Büsche…..ja…in die Büsche. Kaum zu finden, was eigentlich auch seinen Grund hat, liegt die Gemeinschaftsgrabanlage der Familien Laeisz, Canel, Hanssen und Meerwein. 1888 erworben, wurde es zu der wunderbar gestalteten Gesamtkomposition die wir heute erleben dürfen. Man sollte neben dem Laeisz Engel den Blick auch auf die anderen Figuren Gruppen lenken. Nach einer Friedhofsbeschreibung findet man an der Grabseite der Familie Hanssen einen der kleinen, aber prominenten Engeljungen. Man sieht ihn bei seiner Architektenarbeit. Mit Messwerkzeug und Grundrissplan kontrolliert er die Grabanlage. Beim herantreten an die Skulptur sollte man auf Engels Plan schauen, man sieht wirklich die Umrisse der Grabanlage.

Zurück auf der Nebenallee gehen wir Richtung Osten. Viele schöne und auch alte Grabstätten ziehen an uns vorüber. Der alte Baumbestand wird deutlich. Es wirkt wie „gewachsen, wie ewig“. Trotz der vielen Rhododendron Büsche hat man nicht das Gefühl beengt zu sein, wie auf manch anderen Friedhöfen.

Nach kurzer Wanderung stehen wir dann vor Kapelle 2. 1886 eröffnet, ist dieses neugotische Bauwerk das älteste Steingebäude des Ohlsdorfer Friedhofs.

Wir gehen um die Kapelle herum und befinden uns im zweiten Abschnitt der Nebenallee. Hier sehen wir nun größere Familiengräber am Wegesrand. Links geht plötzlich ein untypischer, zweispuriger Plattenweg ab, in den wir einbiegen. Nach ein paar Schritten stehen wir an einer Säule aus Stein, auf ihren „Plaketten“ die Namen der verstorbenen Familienmitglieder Hudtwalcker. Sie stand früher (ca. seit 1804) auf dem Begräbnisplatz St. Katharinen beim Dammtor. Vielleicht diente diese Säule einem Berliner Drucker und Verleger namens Lifaß als Vorlage für seine 1855 erstmals ausgeführte Geschäftsidee. Die Hudtwalcker-Säule zeigt jedenfalls schon alle Merkmale der späteren Litfaß-Werbe-Säulen (Annoncier-Säulen).

Wir gehen nun nur ein paar Schritte nach Osten, biegen nach links und stehen vor der Grabanlage der Familie Pini. Der Marmorengel auf dem Grab von Elena Pini, sie starb 1912 mit nur 17 Jahren, ist, meiner Meinung nach, eine der beeindruckenden bildhauertechnischen Meisterleistungen die auf dem Friedhof zu sehen ist. Mehr als nur „eine Arbeit“ die abgeliefert wurde. Mit der anatomischen Echtheit eines jeden Muskels und der Ausstrahlung in den Gesichtszügen des „zum Himmel betenden“ kleinen Engelmädels hat der Bildhauer der Skulptur eine Seele eingehaucht.

Folgt man dem Weg nun Richtung Nebenallee zurück trifft man auf den kleinen Engeljungen auf dem Familiengrab der Familie Philippi. Bevor wir auf den „Waldweg“ einbiegen sollten wir noch ein Blick auf die schönen Grabskulpturen und Gräber von Familie Ahlff, Eberbach/Neckelmann werfen. Gegenüber des Grabes Hans von Buelow (Erster Chefdirigent der Berliner Philharmoniker) befindet sich eine Skulptur des Bildhauers E. Peiffer. Diese Szene mit der Frau und Kind ist sehr emotional gehalten und spiegelt die Trauer sowie die Hoffnung wieder.

Auf dem Waldweg machen wir einen kurzen Abstecher, nach rechts, zur Grabanlage Lippert. Teile vom Leben des Hamburger Stifter-Ehepaares kann man als Relief sehen. Nun gehen wir auf dem Waldweg in entgegengesetzter Richtung, folgen den grünen Hinweißpfeilen und stehen kurze Zeit später vor dem Grab der Familie Albers/Tölle/Kobrow. Das Grab von Hans Albers, dem deutschen Volksschauspieler, würde schon nicht mehr existieren, hätten nicht viele Spender eine Grab-Patenschaft zum Erhalt der Grabstätte ins Leben gerufen. Dank dieser Aktion können Hannes Fans heute noch an seinem Grab gedenken.

Wir haben jetzt bei dem Albersgrab den östlichsten Teil von diesem Spaziergang erreicht und gehen einen kleinen Stichweg entlang. Bevor wir auf den großen Waldweg zurückkommen, treffen wir auf das Grab Lachmann. Die dortige Bronzeplastik „Das weinende Mädchen“, von S. Sinding 1907 erschaffen, zeigt uns alleine durch die Körperhaltung der Frau, Gesichtzüge sind unter einem Tuch und Haaren verborgen, die tiefste Trauer und den Schmerz, der mit ihr einhergeht.

Von hier bis auf den Waldweg, den wir nun nach Westen folgen, sehen wir weitere bedeutende Skulpturen und Großgräber. Genauere Beschreibungen würden aber den hiesigen Rahmen sprengen. Die Grabstätte Freiherr von Ohlendorffs ist allerdings ein genaueres Hingucken wert. Fast schon ein Monument mit den beiden Fackelschalen, den Seitenwänden mit den Grabplatten und dem tempelartigen Mittelbau. Größe und Respekt, auch nach dem Tod, der Grabspruch aber schön und menschlich:
„Es muss ein Wunderbares sein ums Leben zweier Seelen – sich schließen ganz einander ein – sich nie ein Wort verhehlen und Freud und Leid und Glück und Not so miteinander tragen – vom ersten Kuss bis in den Tod sich nur von Liebe sagen“

Auf der anderen Straßenseite folgt sogleich die Grabstätte Carvens/Rackwitz von 1910. Die Sitzende, die mit geschlossenen Augen an der Tempelruine anlehnt und wartet, ewig. Locker umschlossen hält sie die Rose die ihr fast aus der Hand gleitet, nicht anwesend, weit entfernt mit ihren Gedanken wirkt sie auf den Betrachter.

Gegenüberliegend sehen wir am Grab L. Gaiser von 1894 zwei Waisenkinder-Skulpturen in der typischen Bekleidung ihrer Zeit. Mit gesenktem Kopf und Blumen in der Hand stehen sie vor dem Grab und trauern um „Den Wohltäter der ärmeren Kinderwelt“ L. Gaiser, dem Gründer ihres Waisenhauses.

Wir verlassen bei der nächsten Möglichkeit nun den Waldweg und schlagen uns über kleinere Wege Richtung Norden durch. Den abknickenden Weg erkennt man gut an dem neu errichteten Mausoleum am See. Wir kommen, in der Höhe von Kapelle 7, dann auf den Westring. Hier sehen wir sogleich die großen Mausoleen. Den Namen haben diese Begräbnisplätze von dem Grabmonument König Mausolos II, das als eines der sieben Weltwunder galt.

Vor den imposanten Gebäuden steht die Skulptur „Das Schicksal“ von 1905. Diese Lederer Skulptur wird auch „Grausame Gräfin“ genannt. Sie zieht die Opfer an den Haaren hinter sich her, was wahrlich grausam anzuschauen, oder als Betroffener, nur schmerzlich zu ertragen ist. Hugo Lederer ist in Hamburg aber eher als Schöpfer des Bismarck-Denkmal bekannt geworden, welches 1906 eingeweiht wurde.

Der Weg führt uns nun zurück zum Ausgangspunkt, auch wenn die Versuchung groß ist dem, nur einige Gehminuten entfernten, Hagenbeck Grab einen Besuch abzustatten, so halten wir uns bis Kapelle 8 auf dem Westring. Hier gibt es eine Menge interessantes auf einigen Metern. In der Kapelle 8 befindet sich eines der beiden Kolumbarien. Diese antike Art der Bestattung, in einer Urnenhalle, ist wieder stark im kommen. Ein Tipp für die Besucher des Westteils des Friedhofes Ohlsdorf, ist die Kapelle 11 mit dem neuen, lichtdurchfluteten Kolumbarium. Gegenüber der Kapelle 8 befindet sich der anonyme Urnenhain, im Hintergrund der ansteigenden Rasenfläche sieht man das große Mausoleum Riedemann.

Hinter Kapelle 8 gehen wir nun ein kleines Stückchen auf Sandweg und besuchen schnell noch die Gräber W. Borchert (Schriftsteller), R. Ohnsorg (Gründer des Ohnsorg Theaters) und von Volksschauspieler und „Kultopa“ aus dem Ohnsorg Theater Henry Vahl, die alle samt in Blickweite liegen. Henry hat seinen Grabplatz wohl taktisch gut am Rand des Friedhofs gewählt. Wenn seine Seele Lust auf n Bier und n Korn bekommt, so brauch sie nur den Damm hinter dem Grab hoch und in die S-Bahn einsteigen, die sie dann direkt zur Reeperbahn bringt.

Den Abschluss der ca. 3,7 Kilometer Wanderung machen wir an dem Gedenkplatz für nicht bestattete Kinder. Dieser liegt unweit dem Kreisel Norderreihe/Talstraße. Der Gedenkplatz wurde 1999 eingeweiht. Überrumpelt in der Situation einer Todgeburt unter 1000 Gramm wurden Embryos noch vor kurzem als „Klinikmüll“ entsorgt. Unter der Skulptur eines angedeuteten Embryos findet man beschriebene Kieselsteine, Engelchen und Spielzeug, abgelegt von trauernden Eltern, für ihre nicht bestatteten Kinder.

Nach dieser Wanderung von ca. 3 Stunden Dauer könnte man denken, nun kenne ich den Friedhof. Doch wir können Ihnen versichern, alles Gesehene, Gelaufene und Gefühlte ist nur ein kleines Puzzelteil. Die fehlenden Teile muss man sich noch durch viele spannende Besuche erwandern.

PRG-HH 2009