Allens Ansichten

Titel: Aus dem Augenwinkel

Man hört immer wieder wie ein Schatten oder eine Gestalt aus dem Augenwinkel gesehen wird. Meistens wird es von Experten abgetan als Hirngespinst, weil es aus dem Augenwinkel kommt und da ist unsere Sicht sowieso schlechter. Stimmt das?

Ein sehr wenig bekannter Fakt kommt von der Ausbildung der US Navy SEAL (Sea Air Land) Kommando während des Vietnamkriegs. US Navy SEALs arbeiten hauptsächlich nachts. Es ist ihr Spezialgebiet. Vor Gebrauch der Nachtsichtausrüstung wurden sie ausgebildet nachts zu sehen, indem sie nichts direkt ansehen sollten. Sie lernten, aus der Ecke ihrer Augen heraus zu sehen. Auch Piloten im Zweiten Weltkrieg wurde beigebracht, sich mehr auf ihr Außenfeld des Sehvermögens zu konzentrieren um feindliche Flugzeuge zu finden. Deswegen griffen sie von oben oder unten an und nie von direkt hinter dem Feind.

Das menschliche Auge hat „rods“ (Stäbchen) Zellen und 'cone' (Zapfen) Zellen auf der Retina, da die sensorische Schicht an der Rückseite des Auges ist. Die Stäbchen sind mit ca. 120 Million Einheiten zahlreicher als die Zapfen Zellen und sind lichtempfindlicher. Im Mittelpunkt des Auges gibt es nur Zapfen Zellen. Dieses ist wichtig zu wissen, weil die Zapfen Zellen für Farbe verantwortlich sind, während Stäbchen Zellen das Licht ermitteln. Sie sind für unsere Dunkeladaptation oder skotopisches Sehen verantwortlich. Die Stäbchen sind leistungsfähige Fotorezeptoren. Sie sind mehr als tausendmal empfindlicher als die Zapfen. Sie sind nicht nur besser in niedrigem Licht, sondern ermitteln die kleinste Bewegung in der Dunkelheit.

Mitten im Auge ist das Fovea. Es ist für die Schärfe „Visual Acuity“ (Sehschärfe) verantwortlich. Es ist der absolute Mittelpunkt in unserem Sehfeld. Es hat sehr viele Zapfen....aber gar keine Stäbchen Zellen. Was bedeutet das? Wenn das Lichtverhältnis unter die Empfindlichkeitsgrenze der Zapfen Zellen bei maximaler Iris Eröffnung fällt und wir ein Objekt direkt anstarren, wird das Objekt verschwinden. Rundum ist alles noch zu erkennen. Im Dunkeln kann das getestet werden. Dieses zentrale Blickfeld stammt von dem Fovea, das komplett frei von Stäbchen Zellen ist und daher wird ein zentraler Blindpunkt direkt vor uns erzeugt.

Während die Sichtschärfe oder die Sichtentschließung viel besser mit den Zapfen ist, sind die Stäbchen bessere Bewegungs-Sensoren. Da die Stäbchen im peripheren Sehen, das Sehen aus dem Augenwinkel, vorherrschen, ist dieses periphere Sehen lichtempfindlicher und ermöglicht Ihnen, schwächere Gegenstände in Ihrer Umgebung zu sehen. Wenn Sie einen schwachen Stern aus Ihrem Augenwinkel sehen, kann er verschwinden, wenn Sie ihn direkt betrachten, da Sie dann das Bild auf die stäbchenreiche Sehgrube verschieben, die weniger lichtempfindlich ist. Sie können Bewegung aus ihrem Augenwinkel besser ermitteln, da es hauptsächlich mit den Stäbchen gesehen wird. Also beim Versuch in niedrigem Licht zu sehen, versuchen Sie nicht direkt die Umgebung zu betrachten. Indem Sie Ihr peripheres Sehen verwenden, benutzen Sie mehr Stäbchen Zellen, die viel besser im niedrigen Licht arbeiten. Dieses erfordert viel Praxis für die meisten Leute.

Experiment: Gehen Sie nach draußen und starren einen Stern an. Nun merken Sie die kleinere Sterne rundum diesem hellen Stern. Jetzt sehen Sie die kleineren Sterne direkt an. Sie verschwinden! Schauen Sie nur den helleren Stern wieder an, sind die Kleinen wieder in den Augenwinkeln zu sehen! Sind die kleinen Sterne eine Täuschung aus dem Augenwinkel? Eine „Halluzination“? Nein. Natürlich nicht. Und jeder Astronom würde es bestätigen. Aber nur aus dem Augenwinkel sind die Sterne sichtbar. Also, das was wir aus dem Augenwinkel sehen, sei es kleine Sterne oder Schatten, ist nicht immer nur eine Täuschung.

Allen
07.10.2013
©PRG-HH

Quellen:
American Optometric Association
USAF Special Report AL-SR-1992-0002 „Night Vision Manual for the Flight Surgeon“ geschrieben von R.E. Miller II, Col., USAF (Ret) und T.J. Tredici, Col., USAF (Ret).
Stanford University, „Foundations of Vision“ by B.A. Wandell