Daniela P. Ansichten

Titel: Poltergeist und Jugendliche

Ein Poltergeist hat meiner Meinung nach nichts mit einem Geist zu tun. Dieses sind eher Erscheinungen welche von den Betroffenen selbst ausgelöst oder durch Fehlwahrnehmungen beschrieben werden.

Nun sind ja oft Jugendliche von Poltergeistphänomenen betroffen. Aber warum? Gibt es dafür vielleicht Gründe oder Ursachen? Ich wollte dem mal auf den Grund gehen. Es wurde schon herausgefunden, dass sich das jugendliche Gehirn in der Pubertät neu umwandelt und neu strukturiert. Somit habe ich mich intensiv einmal mit dem Gehirn von Jugendlichen befasst, um da vielleicht Antworten zu finden. Und siehe da, ich bin fündig geworden, was die Poltergeistsymptomatik bei Jugendlichen erklären könnte. Es ist eine Theorie.

Zuerst ein paar allgemeine Erläuterungen:
Wenn ein Kind geboren wird, baut sich das Gehirn schnell auf, aber alle Bereiche übernehmen Alles. Das heißt, das Gehirn ist sehr flexibel und kann kleine „Defekte“ daher schneller ausgleichen.
Die Zeit, in der sich das jugendliche Gehirn dann umstrukturiert, ist die Adoleszenz (ist dem lat. Verb adolescere abgeleitet und bedeutet aufwachen) und vollzieht sich zwischen dem 10. und 22. Lebensjahr. Es ist die Übergangsphase von der Kindheit zum Erwachsenen in der das Gehirn einen außerordentlichen Wachstumsschub erfährt und sich bestimmte Hirnregionen im Großhirn (zerebraler Kortex) umorganisieren. Aber die Hirnregionen entwickeln sich nicht gleich schnell. Die Kommunikation zwischen den Hirnregionen läuft noch nicht optimal ab, es wandelt sich von einem Trampelfahrt zu einer Vierspurigen Autobahn.
Hinzu kommt noch die Umstellung der Hormone, welches sich in der Pubertät einstellt. Die Pubertät (im Alter von 10–14 Jahren) selbst ist nur ein Teil der Adoleszenz und bezieht sich auf die sexuelle Reife. Die Hormone werden im endokrinen System gebildet. Aber die Höhe der Hormonausschüttung ist abhängig von den Signalen des Gehirns. Geregelt werden sie im Hypothalamus. Diese Hormone sind schon immer vorhanden, aber eben vorher in sehr geringem Maße. Wenn sie fehlen hat es einen großen Einfluss auf die Hirnentwicklung. Z.B. Pubertät setzt nicht ein, Hirnaktivität wird herab gesetzt, intellektuelle Fähigkeiten können beeinträchtigt sein. Also, zwischen Hormonhaushalt und Gehirnfunktion besteht eine wichtige Wechselwirkung.

Kleine Übersicht vom Gehirn eines Erwachsenen und seiner Funktionen wohin sich das jugendliche Gehirn hin entwickelt, aber ungleichmäßig und unregelmäßig.:

Gelb: frontale Kortex (Stirnlappen)

- Handlung und Planung
- Umstellen auf aktuelle Erfordernisse/Ereignisse
- Regelbeachtung sowie Regelverstöße (auch im sozialen Verhalten) einhalten und verstehen
- Antrieb und Motivation
- Gedächtnisleistung
- Aufmerksamkeit
- Intelligenz und schlussfolgerndes Denken
- Emotionen
- motorische Sprachbildung


Blau: parietaler Kortex (Scheitellappen)

- räumliches Denken
- Prozesse wie Rechnen und Lesen
- visuelle Steuerung von Bewegungen und Erkennung von Reizen im betrachterbezogenen Raum
- räumliche Aufmerksamkeit
- Integration von Sinneseindrücken


Grün: okzipitaler Kortex (Hinterhauptslappen)

- visuelle Wahrnehmung


Lila: temporaler Kortex (Schläfenlappen)

- Sprachfunktion
- Arbeitsgedächtnis
- Hören
- nicht räumlichen auditorischen und visuellen Reizen zuständig z. B. dem Erkennen von Körperteilen, insbesondere Gesichtern

Mit welchen Problemen haben denn nun Jugendliche in der Adoleszenz zu kämpfen?

Zunächst haben sie Probleme mit den kognitiven Fähigkeiten. Das Planen, anwenden von Regeln, befolgen von Instruktionen, Aufnahme von Informationen und zielgerichtetes Handeln. Dies alles sind komplexe Vorgänge im Gehirn und bei Jugendlichen abhängig, wie weit sich das Gehirn schon entwickelt hat. Sie können sich schlecht auf eines konzentrieren, sind schnell abgelenkt und können selten die Folgen ihrer Handlungen einschätzen. Sie leben oft im hier und jetzt. Zusammenhänge bilden und komplexes Denken fällt ihnen auch schwer. In dieser Zeit sind Jugendlich auch schnell beeinflussbar (Freunde, Familie).
Hinzu kommt noch, dass die Melatonin–Ausschüttung (Schlafhormon) bei Jugendlichen immer später beginnt. Bei Kindern z. B. zwischen 19–20 Uhr, Erwachsene gegen 21-22 Uhr. Bei den Jugendlichen erst ab 0 Uhr. Somit sind sie nicht müde und schlafen so zu sagen erst spät ein, müssen aber früh raus, wegen Schule etc. Und wenn sie dann selten die Möglichkeit haben, z. B. am Wochenende, Schlaf nach zu holen, kommen sie schnell in einen chronischen Schlafentzug.
Im Normalfall benötigen Jugendliche um die 9 Stunden Schlaf, den sie selten bekommen. Hinzu kommt, dass sie eigentlich viel mehr Schlaf benötigen auf Grund der körperlichen Veränderungen/Wachstumsschub und dem schnellen Umbau im Gehirn. Und die Folgen von Schlafentzug sind:

- sinken der Gedächtnisleistung
- visuelle und olfaktorische Halluzinationen
- Nervosität
- Konzentrationsstörungen
- schlafbezogene Bewegungsstörungen (z. B. Restless-Legs-Syndrom (erkläre ich zum Ende genauer))
- Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus
- erhöhtes Schlafbedürfnis
- Verstärkung von Ängsten
- Depressionen
- Interessenlosigkeit
- verminderte Reaktionsgeschwindigkeit
- Verhaltenstörungen

Wenn man sich diese Liste anschaut, kann man auch Schlüsse darauf ziehen, dass diese Anzeichen wiederum die oben genannten Probleme verstärken können.

Restless-Legs-Syndrom

Missempfindungen in den Beinen, selten in den Armen und Körper aber möglich, welche besonders Abends oder Nachts im Schlaf auftreten. Es werden dann bewusst oder unbewusst die Beine bewegt. Deshalb auch umgangssprachlich „unruhige Beine Syndrom“ genannt.

Möglicher Zusammenhang mit den Poltergeistphänomenen

Wenn man sich nun das Ganze durchliest und sich seine Gedanken zu den Beschreibungen von Poltergeistphänomenen ansieht, könnte man doch Parallelen finden. Könnte das doch eine Erklärung sein.
Die Halluzinationen, wie optische, akustische und olfaktorische Halluzinationen/Wahrnehmungstäuschungen können vorkommen, da der Scheitellappen, der Hinterhauptslappen und der Schläfenlappen noch nicht voll funktionsfähig sind, auf Grund der Umstrukturierung. Für die Betroffenen sind sie aber real. Verstärkt können sie auch durch wenig Schlaf werden. Missempfindungen am Körper, das Wärme- und Kälteempfinden kann fehlerhaft wahrgenommen werden auf Grund des Restless-Leg-Syndrom. Alles vielleicht auch Ursachen auf Grund des Schlafentzuges. Dann sind natürliche Erklärungen zu finden nicht immer möglich, weil das komplexe Denken und Schlüsse zu ziehen noch nicht richtig ausgebildet sind. Auch Erinnerungen sind nicht mehr ganz korrekt abrufbar, das zum Beispiel ein Bild am Tag vorher berührt wurde, auf Grund von Konzentrationsschwäche und deshalb der fehlerhaften Speicherung im Gehirn. Die Wahrnehmung an sich kann fehlerhaft weitergeleitet werden. Dann kommen vielleicht noch Freunde dazu, die einen Geist noch bestätigen, „spielen“ mit einem Hexenbrett etc. und dann geht der Teufelskreis weiter. Da auch bei Jugendlichen, sowie auch bei Erwachsenen, das Gehirn auch Erwartungen wiedergibt und verstärkt. Gerade wenn Ängste vorherrschen. Vieles ist auch nicht immer gleich nach zu vollziehen, weil man sich der Ursachen nicht immer bewusst wird. Aber es könnten doch mögliche Ursachen für die Poltergeistphänomene sein.
Und das Phänomen der unbewussten/ungewollten Telekinese könnte man so erklären, dass auf Grund der unvollständigen Verknüpfungen sich vielleicht dann die elektrischen Impulse nach außen entladen könnten anstatt an eine andere Nervenzelle im Gehirn.
Dies alles könnte eine Theorie für Poltergeistphänomene bei Jugendlichen sein.

Daniela Pethe
13.03.2014
© PRG-HH
Quellen:
Neurobiologie von Heinrich Reichert, 2. Auflage, Thieme Verlag
Neurologie von Gehlen und Delank, 12. Auflage, Thieme Verlag
Das pubertierende Gehirn von Eveline Crone
Schlafmedizinisches Zentrum der TU München „Klassifikation von Schlafstörungen“
Somnologie, Schlafforschung und Schlafmedizin von der DGMF und ÖGSM, AWMF-Register Nr. 063/001
Daniela Pethe, Krankenschwester, 16 ½ Jahre Erfahrung und Wissen durch die Arbeit mit Patienten mit schwersten Schädel–Hirn-Verletzungen
Bild: www.UEbersetzerPOrtal.de